Noch ziert goldglänzendes Laub die Spaliere des Bourgogne und verabschiedet sich vom Sommer 2015. Ich bin auf dem Weg in meine Herberge dem Chateau de Chailly. Von draußen dringt durch das halbgeöffnete Fenster des Wagens der Geruch frischer Mahd. Die burgundischen Bauern haben ein letztes Mal die endlosen Ligusterhecken ihrer Viehweiden geschnitten, hinter denen im aufziehenden Morgennebeln stoisch die schweren, weißen Charolais Rinder grasen. In die kleinen Orte des französischen Landstrichs kehrt endlich Entspannung ein. Die Zahl der Touristen-Horden reduziert sich in die Größenordnung „überschaubar“ und die schwächelnde Herbstsonne taucht die Landschaft in magisches Licht!
Es ist die Zeit da Dijon, die Stadt, in der sprichwörtlich jeder seinen Senf dazu gibt, sich zum 15. Mal versucht, gemeinsam mit der angrenzenden Region Cote d’Or ein lokales Musikfestival auf die Beine zu stellen. Vor allem lokale Virtuosen unterhalten Einheimische und Studenten der hiesigen Uni, in Kirchen und Säle
Ein der wohl faszinierendsten Spielstätten – das berühmte Hospices de Braune, 1443 zum Zweck der Wohltätigkeit gegründet.
Kaum zu glauben, dass hier bereits in wenigen Wochen der frisch vinifizierte Wein des Hospizes bis heute zum Zweck der Wohltätigkeit als Cuvee aus alle Lagen des Hospizes in Fässer unter den Hammer kommen, mit einer unfassbaren, jährlichen Preissteigerungen von 20 bis 30 Prozent.
Überhaupt mutet Beaune wie eine einzige Vinothek an. Rund um den Place Carnot dränge sich Vinotheken, Delikatesshändler, und Lokale die sich ihrer Preziosen durchaus bewusst sind, zumindest lassen die Preise der Weine daran keinen Zweifel. Dazu buhlen Käse, Escargot und Foie Gras um die hungrigen Mägen der Touristen.
Ja, in Sachen Genuss ist das Bourgogne wirklich keine Schlechte Adresse. Wenden wir uns also dem Wein zu. Die Traube die den Most für die Rotweine der Cote d’Or liefert, ist die kapriziös und legendär und erfährt gerade einen zunehmenden Zuspruch auch in Deutschland. Zart in der Schale, fein in den Gerbstoffen und in der Frucht, hat Pinot Noire seit Jahrhunderten einen besonderen Ruf wegen seiner Vielschichtigkeit und seines Aromenreichtums. Wohl deshalb fordert der Wein der Cote d’Or von seinen Konsumenten etwas Demut.
So legen Liebhaber bereitwillig für die großen und ganz großen Namen gerne auch mal mehrere hundert oder sogar tausend Euro pro Flasche auf den Tisch. „Montrachet“, „Clos de Vougeot“, „Chambertin“, „Musigny“ und selbstverständlich „Romanee Conti“ verströmen schon mit bloßer Erwähnung Respekt! Aber auch für den kleineren Geldbeutel bietet Beaune Weine die je nach Namen und Lage bereits bei 20,00 bis 30,00 Euro beginnen, hier sollte man aber vorher probieren.
Mich für meinen Teil treibt es dieses Mal zu Pommard. Wie alle Domain hier ist Pommard bestechend „touristisch durchorganisiert“. Das drei Kilometer von Beaune entfernt liegt das Weingut, 1098 von Eudes ersten Herzog von Burgund gegründet. Das Château wurde im 18. Jahrhundert von Vivant Micaut, dem Sekretär der Krone, errichtet. Mit 19 Hektar ist die Domaine heute das grösste Weingut in Einzelbesitz im Bereich der Côte d`Or. Heute gehört das Anwesen und der Betrieb Maurice Giraud, Gründer des Bauunternehmens MGM, der es 2003 von Jean-Louis Laplanche gekauft hatte und der damit die sorgsam gepflegte Clos den größten ungeteilten Weinberg in Burgund. Mich begrüßt Marc Magnat Director of Sales der Domain. Auf die Frage wie er denn mit der vor einigen Wochen eingefahrenen Lese zufrieden ist bekomme ich die Antwort:„2015 wird trotzt einiger Hitzephasen ein recht ordentliches Jahr. Sicher es gab kurze Strecken in denen bei über 40 Grad Celsius die Reben in den Ruhemodus gewechseln ließ, aber wir haben schon relativ früh mit der Ernte begonnen und erwarten eine schöne Konzentration und eine tolle Tiefe und Balance.“
Zurück bei Claudine Babonnet auf dem Chateau de Chailly, in dem ich für drei Tage Quartier bezogen habe, gebe ich mich der Vervollständigung dieser Genüsse im Glas auch auf dem Teller hin. Um mich versammelt im Gourmet-Restaurant des Schlosses dem „L’ Armançon“ besonderes viele Golfer. Die finden ihr Eldorado genau vor der Haustür. Der malerisch gelegene Golf-Course wurde 1989 von Thierry Sprecher und Géry Watine, dem französischen Golfmeister, gestaltet. Der 18-Loch-Parcours Par 72 verbindet den Klassizismus des Parks französischer Art und avantgardistische Golftechnik.
Und während ich noch über die Liebhaber und das hauseigene Grün sinniere, überrascht mich der Küchenchef des Chateau de Chailly mit einem vielversprechenden Amuse-Bouche. Danach entscheide ich mich für burgundische Klassiker mit Foie Gras, eine Terrine mit Schnecken und Flusskrebsen, zum Hauptgang Filet vom Charolais und eine Selection von Käse. Begleite wird das Ganze natürlich von Weißem und Rotem aus der Region. Zum Auftakt probiere ich einen Schaumwein Methode traditionell der hier auch immer öfter vindiziert wird. Danach widme ich mich der Weinkarte und lasse mich treiben in all den Grand und Premier Cures während im Glas der 2008 Pommard Grand Vin mich mit damit versöhnt, dass diese Weine bei Weitem mein Budget sprengen. Aber auch der 2008 besticht mit seiner mineralischen Klasse, seiner kühlen Frucht und den zarten Kräuter und animiert mit mich immer wieder zu einem weiteren Schluck. Bis ich mich verabschiede in mein herrliches Zimmer: „Gute Nacht Ihr Könige von Burgund! Gute Nacht goldene Cote – Département 21!“