Noch atmen die rote Tonböden, die „Terra Rossa“ Apuliens unter den unendlich scheinenden Olivenhainen die Wärme des Sommers. Es ist September. Einige kleine Bauern holen gerade noch ihre, fast auf Rosinen reduzierten, Trauben für ihre Hausweine von den Reben, während die Negramaro, die „Schwarz-Bitteren“, Primitiovo und Nero di Troia der großen Winzer, die meistens auch Olivenbauern sind, schon längst vinifizieren. Es braucht im Schnitt mindestens drei bis vier Jahre bis insbesondere Negramaro, im Glas seine dichte Aromenvielfalt vermittelt. Seine Dickschaligkeit und die damit verbundene wohltuend erhaltene Säure auch nach heißen Sommermonaten und seine hohe Konzentration an Phenolen haben ihm in den letzten Jahren ganz neue Anerkennung eingetragen.
Heute sehen sich die Weinproduzenten Apuliens in der Tradition ihrer Urgroßväter, die vor den Gründungen der großen Weinbaubetriebe in den 20er und 30er Jahren, mit den Autochtonen der Region ihre Produktion bestritten. Als dann in Mitteleuropa die Reblaus wütete, lieferten viele ihre Trauben gen Norden. Doch mit den Wünsche der Weinmacher des Nordens, die für das Lesegut vom Absatz des Stiefels gutes Geld zahlten, veränderte sich die Bestockung der Weingärten Apuliens. Von nun an bestimmten auch Cabernet, Merlot, Syrah und Co. das Bild und verdrängte für geraume Zeit die autochthonen Trauben. Heute zeugen davon nur noch verwaiste Bahnhöfe und eine Bestockung die sich gerade wieder zugunsten der alten Stars des Landes zurückverwandelt.
Mit der Wiedererstarkung des Weinbaus in Frankreich und Norditalien war es dann auch vorbei mit dem Exportgeschäft. Es blieb den apulischen Winzern nichts anderes übrig, als sich der eigenen Traditionen zu besinnen. Es war der Beginn des „Come Backs“ der legendären Negramaro, Primitivo und Nero die Troia, die heute die bestimmenden Stars der Region sind. Gerade in den letzten Jahren haben die apulischen Winzer gezeigt, das in den schwarzen aromatischen Beeren mehr steckt als fette Rote oder nette leichte Rosés – wie man hier sagt die ersten Rosés Italiens.
Die modernen Önologen spielen mit der Finesse der körperreichen Weine, bei aller vorgegebener Struktur. Neben dunklen Früchten, wie Johannesbeeren, Brombeeren, Schwarzkirschen zeigen sich da dunkle Schokolade, Tabaknoten, Lakritz, Kaffee- und Röstaromen, selbst Rosenblüten, Blutnoten und sogar Majoran kann man schmecken. Sicher diese Weine sind mit 14 bis 15 Volumenprozent keine Leichtgewichte, doch die balancierte Säure lässt den Wein nicht zu mächtig erscheien.
Als feine Rosés ausgebaut erzählen sie im Glas auch schon mal leichtfüßig, was die heißen Sommer in den Beeren ebenfalls konzentrieren. Hier treffen sich Himbeernoten, Wilderdbeere, Mandel, Grapefruit und blumige Töne mit feiner Mineralietät.
Das Terroir ist geprägt von der roten eisenhaltigen Tonerde auf dem die Reben wachsen und die jene Blutnoten erzeugt und vom Kalk der die Kraft beisteuert. Stetig durchlüftet werden die insgesamt rund 87 500 Hektar Weingärten von Jod haltigen Winden, besonders von den beiden Hauptströmen dem warmen Scirocco und dem kühlen Tramontana. So erzeugen die Weinbauern ca. 34 Prozent des gesamten italienischen Weines von dem wiederum nur 13 Prozent auf der Flasche landen.
Als Begleiter bieten sich diese Weine zum typisch rustikalen apulischen Spezialitäten an – zu zarten Schinken, Salame und Focaccia, den berühmten Orecchiette mit Kürbis, Kichererbsen und Tomaten, zu Scamorza, Stracciatella, Mozzarella und Burrata und nicht zu vergessen, zu den fangfrischen Meeresfrüchten wie Pulpo über Seeigel, Miesmuscheln bis Goldbrasse aus dem, das Land auf 800 Kilometern länge umgebenden, Ionischen bzw. Adriatischen Meer.