Es muss schon mehr als Leidenschaft sein, wenn ein Mann, der es augenscheinlich „geschafft“ hat, noch einmal bei Null beginnt.
Sicher, Ermenegildo Giusti, den seine kanadischen Freunde „Joe“ nennen, hatte schon immer eine Schwäche für elegante Weine, schließlich wuchs er im Montello in der Nähe von Venedig, auf einem Landgut in den Weingärten seines Großvaters auf. „Eine unvergleichliche Kindheit, die mich nie wirklich los ließ“, resümiert Giusti heute. Schon damals habe er davon geträumt, irgendwann einmal auf einem eigenen Gut tolle Weine zu machen.

FAMILIENFOTO AUS ALTEN TAGEN

Aber erst einmal spülte das Leben den smarten Italiener nach Kanada. Ingenieurwesen hatte er studiert, und er sollte mit seinem Wissen und einer guten Portion Glück ein durchaus ansehnliches Vermögen im Ölgeschäft machen. Als er jedoch vor einigen Jahren seinem Filius sukzessive die Zügel der kanadischen Firma in die Hände legen konnte, packte Ermenegildo Giusti seine Frau und ein paar Koffer und zog zurück zu den Wurzeln seiner Kindheit. Was er dort vorfand, entsprach längst nicht mehr den Ansprüchen des Kosmopoliten Giusti. Der Weinbesessene musste Millionenbeträge in abgewirtschaftete Güter investieren. Mit Herzblut und Engagement restaurierte er  desolate Anwesen, schaffte Arbeitsplätze in der Region seiner Kindheit und erfüllte sich seinen Traum. Seither mischt Ermenegildo Giusti die Spumante- und Weinszene Veneziens auf. Zweiundsiebzig Hektar nennt er mittlerweile sein Eigen.

In den perfekt revitalisierten Weingärten seiner Güter wächst Internationales wie Chardonnay, Cabernet Franc, Cabernet Sauvignon und Merlot. Selbst Autochtones, wie Perera, Glena und die fast vergessenen Recantina erleben dort ihre neue Blüte. Letzterer Roter zeigt sich gerne wunderbar samtig im Glas und überraschte sogar Sommelier-Legende Jencis Robinson.
Giustis Hauptaugenmerk gilt jedoch dem Spumante. Ermenegildo Giusti holte sich dafür die besten Weinmacher der Region und keltert seither Prickelndes nach Art der Champagner-Winzer. Mit seiner „Cuvèe Giusti Spumante Brut“ legte der Italo-Kanadier die Latte für italienische Schaumweine hoch. Sophisticated verheiratet werden in dieser  Cuvèe die Rebsorten Chardonnay und Glena. Was sich dann im Glas präsentiert ist strohgolden, duftet verführerisch nach frischen Äpfeln, frisch gebackenem Brot und cremiger Hefe. Die feine Perlage rundet am Gaumen die exquisite Cuvèe ab.

ERMENEGILDO GIUSTI – EIN MANN VOLLER IDEEN

PREISGEKRÖNT – VALPOLICELLA RAPISSO

RISERVA GIUSTI – GRAPPA GELAGERT IN MEDIUM GETOASTETEM HOLZ

CUVÈE GIUSTI – VERBINDET CHARDONNAY UND GLERA

Doch nicht nur mit seinem Spumante schickt sich Giusti an, im italienischen als auch im internationalen Markt Flagge zu zeigen. Auch mit seinen Weißen und Roten beginnt Giusti immer mehr seine Leidenschaft für Eleganz auszuleben. Ganz nebenbei reift in kleinen Fässern feinster Blasamico und sein Trester findet sich in der Flasche als samtweicher Grappa wieder.
Seinem Grappe gönnt Dottore alte Eichenfässer, übrigens nach dem Vorbild eleganter Cognacs, bevor er abgefüllt wird.

Wer heute beispielsweise die Güter Abazia, Case Bianche oder das Tanuta Rolando besucht, sieht glanzvolle Domains, die kaum noch erahnen lassen, dass sie noch vor weniger als zehn Jahren dem Verfall ausgeliefert waren. Und dass das so bleibt, dafür packt der Chef ganz selbstverständlich selbst immer wieder mit an. Ein solcher Mann nötigt Angestellten und Nachbarn Respekt und Anerkennung ab. Er ist einer von ihnen.

IN KLEINEN FÄSSERN REIFT EDLER BALSAMICO

Kaum zu glauben, dass beispielsweise Abazia, das Weingut unterhalb einer mittelalterlichen Abteiruine noch bis vor zwei Jahren quasi unbewirtschaftet dastand. Mittlerweile glänzt das Gebäude mit einem vollständig renovierten Keller. Im den Räumen selbst finden heute beispielsweise internationale Verkostungen, wie die der „Euposia 2014“ statt, bei der eine hochkarätige Fachjury mehr als 120 großartige Schaumweine von Deutschland über Frankreich bis Italien und sogar England und Bulgarien bewertete.

Das Tanuta Rolando, die Casa Bianca und das Abazia locken mit eleganten Apartments. Akkurat gezogene Weingärten, die von internationalen Künstlern mit begehbaren Landschaftsskulpturen bereichert wurden, können von Besuchern und Touristen bewundert werden – auch das eine Idee des Entrepreneurs Giusti. Damit wollte er an die geschichtlich strategische Bedeutung der Region u.a. im ersten Weltkrieg erinnern.
Nun könnte man glauben, das sei genug für einen Ermenegildo Giusti. Jetzt könne sich der Tausendsassa doch endlich mal zurücklehnen. Fehl Anzeige! Wer Giusti zuhört und ihm dabei in die blitzenden Augen sieht, entdeckt da ist noch Elan für Zehn und Ideen für Fünfzig: Sommer-Klassik-Konzerte plant er, Kunstfestivals, Weinsymposien und, und, und …. Kurz gesagt: Es mag Heimweh gewesen sein, was Ermenegildo Giusti vor gut einem Jahrzehnt zurück nach Venezien trieb, was ihn mittlerweile zur Gallionsfigur für viele kleinere Erzeuger der Gegend macht. Was ihn antreibt, ist Leidenschaft – eine Leidenschaft, die mehr ist, als schiere Liebe zu gutem Wein.

Published by Hanka

20 Jahre Erfahrungen als Redakteurin mit Schwerpunkt Reise, Genuss und Lebensart. Nach zehn Jahren Tätigkeit für das Nachrichten Magazin „FOCUS“ folgten diverse Vertretungen in unterschiedlichen Chefredaktionen und die Arbeit als Chefredakteurin des Lifestylemagazins „Vivida“ sowie der „Business Lounge“, „Business Lounge Travel“ und „Business Lounge Woman“. Daneben immer wieder Veröffentlichungen als Autorin in Special-Intrests wie „Reise und Genuss“ , „Fine“ etc.

Leave a comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert