Grün wie Smaragd schimmern die Hügel des Soave in der Sonne, beginnend um Castelcerino bis hinunter nach Montetondo, bis sie sich im Südwesten in die heiße Ebenen des Veneto ergießen. Hier oben, wo einst die Wellen eines Urmeeres an die Küsten fauchender Vulkane schlugen, reihen sich scheinbar ungeordnet, nur dem Rhythmus der Bergrücken folgend, die Pergolen der Rebstöcke unter deren Blätterdach vorwiegend Garganega und geringfügig auch Trebiano reift. Unbeachtet vom großen Strom der Touristen, den es Jahr für Jahr entweder an den nahe liegenden Lago di Garda oder weiter an die endlosen Strände des Stiefels treibt, gedeihen hier die Trauben aus denen bis noch vor wenigen Jahren ein Wein gekeltert wurde, der sich maximal als ein leichter, knackiger „Terrassenwein“ einen halbwegs passable Ruf erwarb.
Doch die Weinbauern der Region wollen mehr. So entwickelte sich auf den kleinen Gütern rund um das Städtchen Soave eine Weinkultur, die Fassetten des gleichnamigen Weines zu Tage bringt, die selbst Weinliebhabern mit höchsten Ansprüchen ein beseeltes Lächeln ins Gesicht zaubern. Weine, die wollen, dass man sich Zeit nimmt sie zu trinken. Weine, die Wärme tanken und die mit ihren Wurzeln die leichter zu durchdringenden Vulkan- bis Schlemmböden, aber auch die schwerer zu durchwurzelnden Ausläufer von Kalkuntergrund, bewachsen.
Dabei reicht die Spanne ihrer Erzeugung von konventionell über biologisch bis hin zu biodynamisch. Und bei der Vinifizierung greift auch hier der Hang zu Vergärung mit Spontanhefen immer mehr um sich. Und selbst bei der Lese der Trauben, gehen die Geister der insgesamt fast 60 Weingüter durchaus etwas auseinander. Während die Einen die Trauben etwas früher in die Keller bringen und damit die bekannten frischen knackigen Noten erzeugen, arbeiten Andere mit sehr reifem Lesegut, was sich natürlich auch in der Nase und am Gaumen widerspiegelt.
Die einfachen Weine baut man wie gewohnt im Stahltank aus, während die gehobeneren Weine – „I Valori“ sogar den Weg in frische Eichenfässer finden. Doch dazu später mehr.
Auch preislich sind die Soave, weil moderat, sehr interessant. Bereits für rund 5 Euro zeigt sich da so mancher „Lo Stile“ vielschichtig und überzeugend. Denken wir nur an einen „Terre die Monti“ der auf Schlemm-Böden mit Vulkaneinschlüssen wächst und neben seiner Leichtigkeit, reife Frucht und Salz mitbringt oder ein „Vigne Di Fitta“ von „Casarotto“ der auf porösem Basalt gedeiht und mit knackigen Früchten, Akazie und Meersalz daher kommt. Des Weiteren behaupten sich: „Evaos“ aus dem Hause „Corte Moschina“ (einem ebenso ambitionierten Amarone Erzeuger), saftig, salzig, mit viel Frucht, oder ein „Danieli“ vom Weingut Fattori der neben grünen Bananen ganz deutlich mit Akazie punktet, das sich mit etwas Fleur de Sel am Gaumen vereint. Selbst der „Classico“ aus dem Hause „Monte Tondo“, auf hartem Kalkboden gezogen, beweist sehr schöne Holunder und Fruchtnoten bei einem fein ausgewogenem Säurespiel bei dem am Ende nichts an mineralischem Ausklang fehlt.
Besonders erfreuen wird den neugierigen Gourmet allerdings die Arbeit von Winzern wie Filippo Filippi, dessen gehobener Wein, bereits zu haben für 8,50 Euro ab Weingut, wie auch der des Weingutes „Monte Tondo“ als auch die „I Valori“ der Häuser „Cantina Coffele“ oder „Gini“. Die dürfen allesamt bis zu sechs Monate in neuem Eichenholz ruhen. Und wer da meint so ein Soave hält der Intensität eines mittel getoasteten französischen Barrique nicht stand, dem sei gesagt: ein Soave solcher Qualität erhält erst hier seine Brillanz, Saftigkeit und seinen Schmelz. Das sind würdige Begleiter zu feinster, Sterne bekrönter Küche.
Umso verwunderlicher ist, dass der Soave selbst im eigenen Land immer noch ein unverdient stiefkindliches Dasein fristet. So erzählte mir Signiora Cristina Dal Bosco vom Weingut „Le Battistelle“ (ebenfalls schon mehrfach verdient prämiert), dass der nur wenige Kilometer weiter gedeihende Luganer, unserer Meinung nach ein Wein der völlig überschätzt wird, auf Wunsch der vorwiegend touristischen Kunden, dem Soave selbst in den Restaurants am nahegelegen Lago die Garda keine Chance lässt. Eigentlich eine Schande! So empfiehlt sich dann doch die Pilgerreise zur Quelle des Genusses mitten hinein in die grünen Hügel des kleinen Soave mit seinem immer noch beschaulichen Städtchen, seinen immer noch so freundlich entspannten Menschen, und den Köstlichkeiten, die großartige Winzer mit viel Feingefühl reifen lassen und dann Schluss endlich auf die Flasche bringen, auf das der Gast bei einem gut gekühlten Glas Soave am Abend den Blick schweifen lassen kann, über grün schimmernde Hänge die sich bis hinab ergießen, in die heiße Ebene des Veneto.